(c)ICC-CPI
Der Anfang: Die Nürnberger Prozesse
Nach dem Ende des 2. Weltkriegs entschieden sich die Siegermächte dafür, die Führungsriege des NS-Regimes vor Gericht zu stellen, ihre persönliche Verantwortlichkeit zu benennen und sie für ihre Taten – Verbrechen gegen den Frieden, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen – strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Die Nürnberger Prozesse läuteten den Beginn der Internationalen Strafgerichtsbarkeit ein.
„Of one thing we may be sure. The future will never have to ask, with misgiving, what could the Nazis have said in their favor. History will know that whatever could be said, they were allowed to say. They have been given the kind of a Trial which they, in the days of their pomp and power, never gave to any man.“ – Robert H. Jackson
Die Wiederentdeckung der internationalen Strafjustiz
Es dauerte fast 50 weitere Jahre, bis sich die internationale Gemeinschaft erneut zur Schaffung internationaler Strafgerichte entschied. Diese „neue Generation“ von Strafgerichten war – wie die Vorgänger in Nürnberg und Tokio – stets bezogen auf einen konkreten – zeitlich und geographisch abgrenzbaren – Konflikt: Der UN-Sicherheitsrat schuf das Jugoslawien-Tribunal (ICTY) und das Ruanda-Tribunal (ICTR). Beide Tribunale haben mittlerweile ihre Tore geschlossen und sind im sogenannten International Residual Mechanism for International Tribunals (IRMCT) aufgegangen. Auch das hybride Tribunal zur Aufarbeitung von Völkerrechtsverbrechen in Sierra Leone, der Special Court for Sierra Leone (SCSL), hat mittlerweile das Mandat erfüllt. Einzig die Extraordinary Chambers in the Courts of Cambodia (ECCC), ein in die kambodschanische Rechtsordnung integriertes Tribunal zur Ahndung der Gräueltaten der Roten Khmer, sind von den damals ins Leben gerufenen Sondertribunalen derzeit noch aktiv.
Die moderne Strafgerichtsbarkeit
Das „moderne“ Völkerstrafrecht ist vor allem geprägt durch den im Jahr 2002 in Den Haag, Niederlande eröffneten Internationalen Strafgerichtshof/International Criminal Court (ICC). Der ICC ist ein ständiges internationales Strafgericht mit potentiell universeller Zuständigkeit und basiert auf einem völkerrechtlichen Vertrag (Rom-Statut), den derzeit 123 Staaten ratifiziert haben (darunter u.a. die gesamte EU). Die Anklagebehörde führt derzeit Ermittlungen zu elf Situationen und Vorermittlungen mit Bezug zu zehn weiteren Staaten durch (mehr Informationen hier). Ebenfalls in Den Haag ansässig ist das 2009 eröffnete Special Tribunal for Lebanon (STL), welches sich mit terroristischen Anschlägen im Libanon befasst und neben internationalem Strafrecht auch libanesisches Recht anwendet. Auch die Kosovo Specialist Chambers & Specialist Prosecutor’s Office (KSC) haben ihren Sitz in Den Haag und dienen – als Teil der kosovarischen Justiz – der Aufarbeitung von Verbrechen in den Jahren des Kosovo-Konflikts von 1998 bis 2000.
Weitere Informationen:
Hier finden Sie ein paar Leseempfehlungen zur internationalen Strafjustiz:
Lehrbücher/Sammelbände:
- Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, Beck-Verlag, 4. Aufl. 2016
- Ambos, Internationales Strafrecht, Beck-Verlag, 5. Aufl. 2018
- Satzger, Internationales und Europäisches Strafrecht, Nomos, 8. Aufl. 2018
- Ahlbrecht u.a. (Hrsg.), Internationales Strafrecht, C.F. Müller, 2. Aufl. 2018
- Kreß, 10 Jahre Arbeitskreis Völkerstrafrecht. Geburtstagsgaben aus Wissenschaft und Praxis, 2015.
Websites, Blogs, etc.
- ICC Now (Aktuelle Berichterstattung zum Internationalen Strafgerichtshof)
- International Bar Association – War Crimes Committee (Hintergrundinformationen zum Internationalen Strafrecht)
- Human Rights Watch – International Justice Program
- European Center for Constitutional and Human Rights, Berlin (NGO mit strategischen Ansätzen zur Unterstützung von Strafverfahren wegen Völkerstraftaten)
- voelkerrechtsblog.org (Blog zum Völkerrecht mit wiederkehrenden Beiträgen zum Völkerstrafrecht)
- Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V.